Marco Mustermann New York, den 01.08.1996 Niklas Musterfrau Fantasiestraße 1 D-67890 Fantasiestadt Mein lieber Freund, entschuldige bitte, daß ich Deinen Brief vom 24. Juni erst heute beantworte. Wie Du meinen Postkarten von den Niagarafällen und aus Quebec-City entnehmen konntest, war ich auf einer Ferienreise von New York nach Kanada, und zwar zusammen mit mei- ner Mutter. Ja, meine Mutter hat mich hier in New York besucht. Du kannst Dir vorstellen, wie ich mich darüber gefreut habe. Sie aber wohl noch mehr, denn sie wollte mich bei der Be- grüßung gar nicht mehr loslassen. Bevor wir aber gemeinsam nach Kanada flogen, hat meine Mutter noch ihre Schwester in San Francisco besucht. Von dort war sie nach einer Woche nach New York zurückgekehrt. Vor dem Aufbruch nach Kanada hatten wir noch viel zu tun. Wir besuchten verschiedene Freunde in New York, und ich lud an einem Abend liebe Gäste zu einer Cocktailparty in mein Appartement. Alle waren sehr froh, aber es hat auch viel Mühe und Zeit gekostet. Wir haben großartige Ferientage in Kanada erlebt. Das Wetter war perfekt, viel Sonne und Wärme fast jeden Tag, manchmal war es schon zu warm. Nur an einem einzigen Tag, als wir in Quebec-City ankamen, hat es für eine Weile geregnet. Überall auf unse- rer Reise sind wir mit liebenswürdigen Menschen zusammen gewesen. Wir haben die Stadtbesichtigungen und nicht zuletzt die Dinners in den wunderbaren Restaurants aus- giebig genossen. Ein unvergeßliches Erlebnis sind die Niagarafälle. Wir fuhren mit dem berühmten Boot "Maid of the Mist" auf die amerikanische und kanadische Seite der Fälle. Es ist eine sehr "nasse" Bootsfahrt, jeder Passagier muß bei Betreten des Bootes eine Garnitur wasserdichter Kleidung überziehen. Du kannst Dir nicht vorstellen, wie das Wasser "donnert" wenn es über die Fälle herunterstürzt. Wir machten auch den sogenannten "Great George Trip" mit und erlebten aus allernächster Nähe, wie schnell der Niaga- ra-River fließt. Er ist einer der heimtückischsten Flüsse in Nordamerika. Danach waren wir ein paar Tage in Toronto, eine dynamische und kosmopolitische Stadt - das New York von Kanada. Das Wetter war ungewöhnlich warm, die Tempera- tur stieg bis über 30 Grad an, und das jeden Tag! Wir haben es genossen, durch die eleganten Geschäfte des vornehmen Stadtteils Yorkville zu bummeln. 1/2 Einen Tag hatten wir für einen Ausflug zum Block Creek Pioneer Village reserviert. Das historische Dorf liegt etwa 30 Minuten Busfahrt vom Stadtzentrum von Toronto ent- fernt. Es vermittelt einen lebendigen Eindruck vom ländlichen Leben in Ontario vor rund hundert Jahren. Alle Häuser und Geschäfte sind in der ursprünglichen Form res- tauriert worden. Die Bewohner tragen Kleidung aus der alten Zeit und fertigen Kunst- gegenstände, kunstvolle Möbel und Klöppelspitzen an. Von Toronto ging es nach Kingston, wo wir zu einer zweistündigen Bootsfahrt vorbei an den tausend kleinen Inseln des Sankt-Lorenz-Stromes eingeladen waren. Schließlich setzten wir die Reise nach Montreal fort, ebenfalls eine Stadt von Welt- format. Der Höhepunkt unseres Aufenthaltes in Montreal war ein Konzert des Montreal Symphony Orchestra in der herrlichen Kathedrale "Notre Dame de Montreal". Auf dem Programm stand das "Magnificat" von Bach und Mozarts "Große Messe in D-Dur". Die Kathedrale bot einen großartigen Hintergrund für die herrliche Musik. Der Gipfel der Reise aber war Quebec-City, die einzige Stadt in Nordamerika, die von einem Festungswall umgeben ist. Wir wohnten im Chateau Frontenac und hatten wun- derbare Zimmer mit einem atemberaubenden Blick über den Sankt-Lorenz-Strom und die Altstadt. Die Altstadt von Quebec erinnert mich an Montmartre in Paris. Wir waren nie zu müde, durch die alten historischen Straßen zu schlendern. Jedes Essen in Que- bec war ein kulinarischer Genuß. Wir besuchten auch die Basilika Ste. Anne de Beau- pré und die großartigen Montmoreney Falles. Quebec hat mir so gut gefallen, daß ich unbedingt wieder einmal nach dort reisen werde. Nach der Rückkehr nach New York blieb meine Mutter noch eine Woche bei mir in meinem Appartement. New York ist eine Stadt der Theater. Wir versäumten nicht, die Metropolitan Opera, die New York City Opera und einige der Musical-Theater am Broadway zu besuchen. Meine Mutter war glücklich, und ich war es auch, weil ich das alles für sie tun konnte. Inzwischen ist sie wieder nach Deutschland abgereist. Mein Appartement kommt mir richtig leer vor. Ich habe ihr ein Erinnerungsgeschenk aus Quebec für Dich mitgegeben. Sie wird es Dir aus Frankfurt schicken. Sie wird Dich auch anrufen und dann mehr von unserer gemeinsamen Amerikareise erzählen. Lieber Niklas, ich hoffe, daß es Dir gut geht. Hoffentlich höre ich bald wieder von Dir. Mit herzlichen Grüßen Dein Marco 2/2